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Row, row, row your boat – Wie is(s)t eigentlich eine Ruderweltmeisterin?

Im zarten Alter von 18 Jahren zum ersten Mal Weltmeisterin werden. Da kann man sich selbst schon einmal auf die Schulter klopfen. Franzi aus Hamburg hat nämlich genau das geschafft! 

Heute – 10 Jahre nach ihrem ersten Weltmeistertitel im Rudern – spricht sie mit uns über diese Zeit und darüber, wie sich der Sport auf ihr Leben und ihre Ernährung ausgewirkt hat. Und auch, womit sie sich heute fit hält. 

Also – wie sagt man im Norden? Nich’ lang schnacken! Let’s go. 

Hi Franzi! Wir freuen uns, dass Du Dir Zeit für uns nimmst. Erzähl doch als Erstes einmal kurz von Dir. Wer bist Du und was machst Du so? 

Gerne, danke für die Einladung! Ich heiße Franziska Kreutzer – aber es nennen mich eigentlich alle Franzi. Ich bin 28 Jahre jung und komme ursprünglich aus Brandenburg. Jetzt lebe ich in der schönsten Stadt der Welt – Hamburg! Und bin angehende Lehrerin mit den Fächern Erdkunde und Religion. 

Und außerdem bist Du ehemalige Leistungsruderin.  

Ja, das stimmt! 2011 bin ich U19-Weltmeisterin im Juniorinnen-Doppelvierer und 2012-2014 U23-Weltmeisterin im leichten Frauendoppelvierer geworden. 

Wie war das Gefühl mit der Goldmedaille um den Hals?  

Ich war echt stolz auf mich. Besonders auf die U19-Medaille, da ich sehr hart für diesen Platz gekämpft habe. Auch die erste U23-Medaille war etwas ganz Besonderes für mich.  

2011 habe ich gezeigt, dass ich verdient in diesem Vierer saß. Und 2012 habe ich als Jüngste im Boot bewiesen, dass in mir das Zeug zur Schlagfrau steckt. Die Schlagfrau gibt im Mannschaftsboot den Rhythmus vor. Sie sitzt vorne im Mannschaftsboot und gibt das Tempo vor.  

Kommst Du aus einer Ruderer-Familie? Oder wie bist Du zum Rudern gekommen? 

Anfang der sechsten Klasse ist ein Rudertrainer zu uns in die Schule zur Sichtung gekommen. Er hat nach großen und sportlichen Kindern für die Sportschule in Potsdam gesucht. Das war schon damals meine Wunschschule. 

Ich bin das erste Mal auf die Sportschule aufmerksam geworden, als ich auf KiKA einen Bericht darüber gesehen habe. Ich fand Sport einfach schon immer richtig cool, und die Schule war so besonders. Das hat mich fasziniert  

Eigentlich wäre ich auch gerne Leichtathletin geworden. Aber ich war in keinem Verein und hatte deswegen keine Chance. Für das Rudern war ich gerade so groß genug, und so wurde ich erfolgreich gesichtet. Nach einer Sportaufnahmeprüfung und einem Arztcheck wurde ich dann 2005 an der Sportschule „eingeschult“. Und damit hat das Abenteuer Leistungssport für mich angefangen. 

Ach, also war da auch einiges an Zufall und Glück dabei. 2005 – das ist ja echt schon eine Weile her … Ruderst Du immer noch? Und machst Du auch noch anderen Sport? 

2015 habe ich mit dem Leistungssport aufgehört, weil ich für mein Lehramtsstudium nach Hamburg gezogen bin. 

Danach bin ich noch im Bundesliga- und Universitätsachter mitgerudert. Der Ausstieg fiel mir schon schwer, und ich musste erst einmal aus einem kleinen Loch herauskommen. Ich habe angefangen wieder mehr zu laufen. Und 2016 bin ich dann sogar den Hamburg-Marathon gelaufen. 

Es war echt toll, die Stadt auch einmal so kennenzulernen. Mittlerweile habe ich auch am Krafttraining Gefallen gefunden. Neben dem Studium habe ich sogar in einem Fitnessstudio gearbeitet. 

Jetzt war ja der Sportbereich durch Corona sehr stark eingeschränkt. Wie hast Du Dich fit gehalten, als Fitnessstudio und Co zugemacht haben? 

Anfang 2020 bin ich noch sehr viel Laufen gegangen. Sogar einen Halbmarathon bin ich gelaufen. Dann lag der Fokus aber erst einmal auf meiner Masterarbeit. Zum Glück habe ich aber meinen Hund – Oskar! Dank Oskar schaffe ich es, jeden Tag mehr als 10.000 Schritte zu gehen. 

Als der größte Druck wegen der Masterarbeit weg war, habe ich auch mal Online-Workouts oder Yoga gemacht. Das Fitnessstudio fehlt mir aber schon sehr, und ich werde mich auch wieder anmelden. Jetzt, wo es wieder geht! 

Sag mal, bei uns geht’s ja hauptsächlich um Ernährung: Wie hast Du Dich als Leistungssportlerin ernährt? 

Ganz am Anfang meiner Karriere – also im Herbst 2011, als ich zum Leichtgewichtsrudern gewechselt bin – musste ich überhaupt nicht auf meine Ernährung achten. Ich habe ohne großen Aufwand mein Gewicht von 57-59 kg halten können. Das ist auch so das durchschnittliche „Trainingsgewicht“ für uns leichte Ruderinnen.  

Zum Wettkampf hin nimmt man aber noch einmal ab, sodass man meistens um die 55 kg wiegt. Auf dieses Gewicht zu kommen war dann nicht mehr ganz so leicht für mich. Mein Körper wollte nicht mehr jedes Gramm hergeben. Das heißt, ich musste sogar Lebensmittel abwiegen und auf meine Kalorien achten, um abzunehmen. Mein letztes Jahr als leichte Ruderin war echt hart, weil mein Körper einfach nicht mehr so wenig wiegen wollte. 

Und sobald man sich im Sport „runterhungert“, wird es gefährlich. Denn eine gute Leistung kannst Du nur bringen, wenn Du genügend Energie dafür hast. Da habe ich dann auch erstmals den berühmten Jo-Jo-Effekt zu spüren bekommen. 

Oha, das klingt ja krass! Cool, wie reflektiert und ehrlich Du mit dem Thema umgehst.  

Ja, ich bin auch echt froh, dass ich erst mit 18 Jahren angefangen habe und nicht schon früher. Wer weiß, wie sich der Gewichtsklassensport sonst auf mich ausgewirkt hätte. Ich finde so Gewichtsklassensportarten wie Ballett, Turnen – aber eben auch das Leichtgewichtsrudern – vermitteln schnell falsche bzw. unrealistische Gewichtsvorstellungen. Und triggern auch sehr leicht gefährliche Ernährungsweisen (wie eben das Kalorienzählen oder das Abwiegen).   

Ich habe mir damals einfach selbst sehr viele Verbote aufgelegt. Und nach einer Regatta kam dann der „Fressanfall“. Da habe ich dann quasi einen großen Cheat-Day eingelegt. Erst im Nachhinein, nachdem ich aufgehört habe, ist mir dann aufgefallen, wie ungesund dieses Verhalten eigentlich ist.  

Und wie sieht es heute bei Dir aus? Zählst du immer noch Kalorien?  

Nein, gar nicht mehr! Heute esse ich insgesamt ausgewogener und ich verbiete mir nichts mehr. Ich sage mir immer: „Hey, Du darfst alles essen, worauf Du Lust hast – nur nicht immer!“  

Ich achte natürlich darauf, dass ich mich gesund ernähre. Da ich ja immer noch ganz viel Sport mache, und auch als Sportlehrerin will ich ja fit sein.  

Ich ernähre mich einfach vielseitig. Ich esse viel Obst und Gemüse und dafür wenig Fleisch. Sogar bunte Salate sind dabei, und die hätte ich früher überhaupt nicht gegessen (*lacht*). Und natürlich genügend Kohlenhydrate, also sowas wie Reis, Kartoffeln und Nudeln.  

Chips oder Fast Food gibt’s bei mir nur noch ganz selten mal, wenn ich da wirklich Lust drauf habe. Ich merke da echt schnell, dass mir das nicht so gut tut. Im Training gibt’s dann sogar manchmal Bauchschmerzen und ich bleibe mit meinen Leistungen unter dem, was ich kann.  

Was ist so eine typische „Franzi-Mahlzeit“?  

Bei mir gibt es jeden Tag Frühstück! Entweder Brot oder Müsli, Obst und Joghurt. Frühstück ist für mich die beste Mahlzeit am Tag. Oh, und meine größten Laster sind Pasta und Pizza.  

Vielen lieben Dank Franzi, für das tolle Interview! Ich denke, wir haben einen guten Eindruck bekommen, wie das Leben als (ehemalige) Leistungssportlerin im Rudern so aussieht. Vielleicht hat der eine oder die andere auch selbst Lust bekommen, mit dem Rudern anzufangen. Hast Du zufällig noch einen guten Profi-Tipp auf Lager, wie man am besten einsteigt? 

Die gute Nachricht vorweg: Du kannst eigentlich in jedem Alter anfangen. Der Einstieg funktioniert am einfachsten, wenn Du dich erstmal auf ein Ruderergometer setzt. Die stehen in fast allen Fitnessstudios oder auch bei einem Ruderverein in Deiner Nähe. 

Da lernst Du, Arme, Beine und Körper am besten zu koordinieren. Allerdings schwimmt ein Ruderergometer natürlich nicht und es gibt Dir so nicht das gleiche Gefühl wie auf dem Wasser. Vielleicht hast Du ja auch einen Ruderverein bei Dir in der Nähe. Die bieten meistens auch Probetrainings an, also musst Du dich nicht sofort anmelden.